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Die (derzeit) besten Bluetooth-In-Ear-Kopfhörer: Jaybird BlueBuds X

5 / 5Sterne·30.7.2015·Kommentare:  3 · ~ 6 min

Update #1: Jaybird hat mit den X2 die leicht überarbeiteten Nachfolger veröffentlicht.
Update #2: Die komplett kabellosen »Earin« haben die »BlueBuds X« als meine Hauptohrhörer abgelöst.
Update #3: Lest auch meine Eindrücke von Bragis »The Dash«.
Update #4: Lest auch meinen detaillierten Earin-»M-1«-Testbericht.

Seit der Einführung von A2DP, jenem Bluetooth-Protokoll, mit dem Audiosignale in Stereo übertragen werden können, sind sie für mich die Idealversion eines Kopfhörers: Zwei In-Ear-Stöpsel, die via Bluetooth mit dem Wiedergabegerät verbunden sind – klein, leicht, unauffällig und ohne lästiges Kabel zum Smartphone. Und eigentlich steht mit Kickstarter-Projekten wie The Dash schon die nächste Generation ohne Verbindungskabel zwischen den Hörern in den Startlöchern. Bis es so weit ist, gelten die Jaybird BlueBuds X für mich aber als Referenz, an der sich auch ambitioniert-futuristische Projekte wie jenes vom Münchner Startup Bragi werden messen müssen.

So »einfach« meine Beschreibung der idealen Ohrhörer in der Einleitung klingt, so problematisch war die Umsetzung der meisten erhältlichen Modelle. Und ausprobiert habe ich im Lauf der Zeit wirklich viele: angefangen von den Sony HBH-IS800 über die Philips Tapster, Nokia BH-505, Novero Rockaway, Plantronics Backbeat Go bis hin zu den Jaybird BlueBuds X bargen die meisten Modelle alle mindestens ein absolutes No-go, das den Einsatz im Alltag unpraktisch oder gar unmöglich machte.

Klangqualität

Das wichtigste Kriterium, das freilich allein aber nicht ausreicht, wenn die unten angeführten Punkte nicht stimmen. Die Klangqualität über Bluetooth schwankte – zumindest vor einiger Zeit – noch ziemlich und hing sehr von der Gerätekombination ab. Ich habe in den vergangenen Jahren einige Artikel darüber geschrieben, aber so extrem wie damals dürfte der Unterschied nicht mehr sein. Dazu ein kurzer Exkurs:

A2DP-Codecs

Bevor der Ton über Bluetooth vom Wiedergabegerät an die Kopfhörer gesendet werden kann, muss dieser enkodiert werden. A2DP-Geräte müssen zumindest den Subband-Codec (SBC) unterstützen, bei dem es wiederum verschiedene Qualitätsstufen gibt. Die niedrigste Stufe gewinnt, daher kann derselbe Kopfhörer an verschiedenen Abspielgeräten unterschiedlich gut klingen (war vor allem früher ein Problem). Prinzipiell erlaubt A2DP auch direkt die Verwendung von MP3 und AAC, wofür aber im Gegensatz zu SBC Lizenzgebühren anfallen. Daher verzichten (so gut wie alle?) Hersteller darauf und enkodieren MP3- bzw. AAC-Files erneut in SBC, was theoretisch zu unnötigen Qualitätseinbußen führt. Das ist auch bei den BlueBuds X der Fall, allerdings ist Jaybird wenigstens einer der Hersteller, der überhaupt auf die Thematik eingeht. Herstellerangaben dazu finden sich sonst eher selten, und das Fehlen einer Anzeige für die Übertragungsqualität für den Benutzer (ähnlich der Balken für den Mobilfunkempfang) ist ein Versäumnis der Bluetooth SIG. Für den Benutzer bleibt A2DP damit eine Blackbox, die ohne Ausprobieren keine Voraussagen bezüglich Qualität zulässt. Neben dem obligatorischen Codec gibt es auch AptX, ebenfalls lizenzpflichtig, der SBC qualitativ überlegen sein soll (auch wenn er wie SBC nicht lossless ist) und der in letzter Zeit vermehrt von Herstellern unterstützt wird. Erfahrungen konnte ich damit noch keine sammeln.

Fest steht, dass wenn SBC voll ausgeschöpft wird, die Klangqualität wirklich überzeugen kann. Wer also ein halbwegs modernes Smartphone mit einem gängigen OS sein Eigen nennt, dürfte eine Klangqualität erreichen, die mit guten Mittelklasse-In-Ears, wie z.B. den Sennheiser IE60 vergleichbar ist. Selbst Windows Phone, das bis zum GDR2-Update in der Version 8.0 hinterherhinkte, ist seither konkurrenzfähig (schwächelt aber im Gegensatz zu z.B. iOS nach wie vor merkbar im Klassik-Bereich). Das Klangbild der BlueBuds X hört sich in meinen Ohren sehr gut an: warm, weit, ausgewogen, mit gutem Bass und guter Dynamik gefallen sie mir sogar besser als z.B. die IE60. Sprich, sie klingen nicht nur für eine Bluetooth-Lösung gut, sie spielen qualitativ in der gehobenen Kabelliga mit.

Stabile Verbindung

Verbindungsaussetzer zwischen Bluetooth-Kopfhörer und Wiedergabegerät sollten mittlerweile nur mehr selten auftreten – auch bei den BlueBuds X ist das kein Thema mehr. Bei meinen Sony HBH-IS800 war es aber noch so, dass sich der Hörer mit der Bluetooth-Antenne und das Smartphone auf derselben Körperseite befinden mussten, um eine halbwegs stabile Verbindung zu gewährleisten.

Verarbeitungsqualität

Mangelnde Verarbeitung ist mir bei so gut wie keinem der erwähnten Hersteller aufgefallen. Bis auf die Novero Rockaways, welche sich als wahre Ausreißer nach unten entpuppten. Das verwendete Plastik hielt bei der Ladeklappe wenige Tage, bevor es sprang, ein Austauschmodell kam gleich mit einem Defekt (an einer anderen Stelle) an. Ansonsten liefern in dem Bereich aber alle erwähnten Hersteller gute Qualität ab.

Maximale Lautstärke

Ein extrem wichtiger Punkt, auf den in den meisten Reviews leider nicht eingegangen wird: Viele Bluetooth-Ohrhörer sind meiner Meinung nach nicht laut genug. In diese Kategorie fallen z.B. die Plantronics Backbeat Go. Beim ersten Test in den eigenen vier Wänden mag es nicht auffallen, beim eigentlichen Einsatzgebiet wie z.B. in der U-Bahn stellt man allerdings schnell fest, dass selbst die maximale Lautstärke zu leise ist. Meist ist dies bei Ohrhörern der Fall, deren Lautstärkeregelung mit jener am Wiedergabegerät gekoppelt ist, sprich ein Erhöhen der Lautstärke am Hörer ändert auch die Lautstärkeanzeige beispielsweise am Smartphone. Bei den BlueBuds X ist das nicht der Fall, hier wird die Lautstärke unabhängig geregelt, womit sich für jeden die richtige Lautstärke einstellen lässt.

Bequemer Sitz im Ohr

Ohrhörer sollten nicht nur beim ersten Einsetzen bequem sitzen, sondern auch nach einigen Stunden keine Schmerzen verursachen. Wenn die Ohrhörer nicht richtig sitzen oder drücken, stellt sich nach einiger Zeit (mein Erfahrungswert: ca. eine Stunde) ein unangenehmes, manchmal auch stresserzeugendes Gefühl ein – selbst, wenn man das nicht gleich spürt. Das ist insbesondere bei Bluetooth-Ohrhörern ein Problem, da sie bauartbedingt größer als kabelgebundene Ohrhörer sind. So kann es leichter passieren, dass ein Hörer an einer Stelle im Ohr drückt. Das war bei mir z.B. bei den Sony HBH-IS800 der Fall sowie bei den Nokia BH-505 mit ihrem relativ engen Bügel. Die BlueBuds X haben eine gewinkelte Bauform, weswegen die Hörer, je nach Tragemodus (ein spezielles BlueBuds-X-Feature) anders sitzen – also selbst wenn eine Art nicht passt, hat man die Chance herumzuprobieren, bei gerader Bauform würde das nichts bringen.

Sicherer Sitz im Ohr

Es ist mir ein Rätsel, warum bis auf Jaybird kein Hersteller darauf achtet. Fakt ist: Wenn das Nackenkabel zu lang ist und somit während des Tragens am Nacken reibt, fallen einem die Stöpsel irgendwann aus den Ohren, weil der Widerstand beim Reiben durch die natürliche Kopfbewegung den Sitz lockert. Beispielsweise ist das Kabel der Plantronics Backbeat Go so lang, dass man diese noch einem Stier oder kleinen Elefanten anlegen könnte – also absolut unbrauchbar.

Die einzig korrekte und sichere Weise, solche Ohrhörer zu tragen, besteht darin, das Kabel am Hinterkopf anliegend vorbeizuführen. Nur dann reibt das Kabel beim Drehen des Kopfes nicht am Nacken und die Hörer bleiben auch nach langer Zeit sicher im Ohr – sogar beim Sport. Kopfgrößen sind natürlich verschieden, daher liefert Jaybird zwei kleine Klammern mit, mit denen sich das Kabel verkürzen lässt. Eine einfache Idee, die aber sehr gut funktioniert und in diesem Linus-Tech-Tips-Video ab 3:15 sehr gut erklärt wird.

Kaufen?

Die BlueBuds X sind zwar schon länger am Markt, allerdings bewähren sie sich bei mir fast täglich und das seit über zwei Jahren. Prinzipiell spricht somit nichts gegen eine Empfehlung. Allerdings stehen, wie eingangs erwähnt, einige Kickstarter-Projekte (The Dash, Earin und OwnPhones) kurz vor der Auslieferung, die ohne Verbindungskabel zwischen den Hörern auskommen und der Jaybird-Referenz den Rang ablaufen könnten – wenn sie oben erwähnte Kriterien erfüllen (Update: siehe meine ersten Eindrücke der »Earin« und Bragis »The Dash«). Für Bluetooth-In-Ear-Fans dürfte es diesbezüglich 2015 noch spannend werden.


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3 Kommentare

#1 von Tobias am 28.9.2015, 12:36 Uhr

Ein schönes Review. Von den Jaybird BlueBuds X habe ich noch gar nichts mitbekommen. Bin aber auch sehr gespannt, wann denn endlich Bluetooth-Kopfhörer komplett ohne Verbindungskabel den Markt erobern werden. LG, Tobi 🙂

#2 von Benedikt am 28.9.2015, 14:05 Uhr

Danke, Tobias! Ja, es ist gar nicht so einfach, sich einen Überblick über die erhältlichen Bluetooth-In-Ears zu verschaffen. Ich kann dir jedenfalls nur empfehlen, dir die BlueBuds X bzw. die X2 genauer anzuschauen und ggf. in deinen Vergleich aufzunehmen. Und was die nächste, komplett kabellose Generation betrifft, bin ich auch sehr gespannt – lang sollte es nicht mehr dauern, Earin hat beispielsweise bereits mit dem Versand an die Backer begonnen.

#3 von Dominik am 29.3.2016, 13:11 Uhr

Hi, ich habe ebenfalls einen Testbericht nicht über den Jaybird BlueBuds X, sondern über den Jaybird X2 geschrieben. Dieser ist bei meinem Test (15.03.16) auf Platz 2 in der Kategorie bis 200€ gekommen. Ich habe mich bei dem Testbericht bemüht möglichst alle Details zu nennen. Wenn ihr wollt könnt ihr euch den Testbericht mal anschauen 🙂
Website-Adresse: http://bluetooth-in-ear-kopfhörer-test.com/jaybird-x2-test/

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Jaybird BlueBuds X