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»O Brother, Where Art Thou?« – Auf der Jagd nach Brother-Drucker­patronen im Einzel­handel

10.10.2018·Kommentare:  4Retweets:  0 4

Gut, wer verwendet noch einen Drucker? Die alten zweidimensionalen für Papier, meine ich. Dachte ich mir. Aber hin und wieder muss man halt doch was ausdrucken – kennt man ja. Wir haben dafür zu Hause einen alten Brother »MFC-290C«, ein Multifunktionsgerät der alten Schule: Das kann neben Drucken auch Scannen, Kopieren, von SD-Card ein Foto drucken (!) und etwas, das sich »Faxen« nennt. Der »290C«, wie ich ihn hier fortan nenne, benötigt dafür vier gut gefüllte Druckerpatronen: Cyan, Magenta, Gelb und natürlich Schwarz (CMYK halt).

Und wie alle altgedienten Drucker, streikt auch dieser, wenn nur eine einzige Patrone (angeblich) leer ist. Da spielt es auch keine Rolle, ob man nur etwas in Schwarz-Weiß ausdrucken möchte und lediglich kein Cyan mehr vorhanden ist. »Druck unmöglich« steht da schlicht aber bestimmend und endgültig am einzeiligen LCD-Display. Gut, der »290C« ist alt und Brother war halt damals wohl noch eines dieser Unternehmen, die mit solchen Praktiken versucht haben, Gewinne zu steigern. Den Verkaufsregalen nach, ist Brother jetzt halt ein Unternehmen, dessen Patronen niemand mehr haben will – dazu gleich mehr.

Eine weitere fatale Schwäche des Druckers ist die Eigenheit, dem Durst nach neuer Farbe nur seriell Ausdruck zu verleihen: Wenn neben Schwarz noch eine Farbe leer ist, erfährt man das erst nach dem Tausch der schwarzen Patrone. Wie ein schlecht gebautes HTML-Formular aus den frühen 2000ern. Andererseits war damals vielleicht auch einfach nur HAL 9000 das designierte Vorbild der Brother-Ingenieure – das hätten sie dann eigentlich ganz gut hinbekommen.

An jenem Samstag wissen wir davon und von unserer bevorstehenden Irrfahrt aber noch nichts. Denn wir brauchen ja nur eine schwarze Patrone und die wollen wir – naiverweise – ohnehin gleich in einem Multipack mit allen Farbpatronen kaufen.

Brother, HP, Epson, Canon – gibt’s doch überall, oder?

Zugegeben etwas knapp landen wir nach unserer samstäglichen Einkaufstour um kurz nach vier beim Pagro in Gänserndorf und finden dort auch gleich das begehrte Multipack. Interessanterweise in einem Dummy-Karton, den man an der Kassa gegen die echte Packung eintauschen muss. Kurios: Im Gegensatz zu anderen Geschäften hängen bei Pagro hierfür nicht einfach platzsparende Kärtchen, sondern tatsächlich echte (leere) Schachteln – allerdings in Einheitsgröße für alle Marken (in die eine echte Druckerpatrone niemals passen würde) mit Pagro-Branding über dem Herstellernamen. Das Ganze noch dazu eingepackt in eine Blisterverpackung, mit der die leeren, zu kleinen Pseudoschachteln an der Stange hängen. Nachdem ich über den Grund für diesen durchaus interessanten Mehraufwand seitens Pagro (viel zu lange) nachgedacht habe, stellen wir uns an der Kassa an, werden aber schon in Sichtweite der Store-Managerin darüber informiert, dass diese Patronen nicht mehr lagernd wären, auch nicht die Einzelpackungen, und man diese bestellen müsste. Das macht für mich den ganzen Aufwand mit den Mini-Schachteln, deren Konzept mich an die kleinen Deko-Weihnachtsgeschenkschachteln erinnert und die nicht einmal den Lagerstand widerspiegeln, ziemlich amüsant. Aber nur, weil ich noch nicht weiß, was uns noch bevorsteht.

Libro, Hartlauer – zweiter und dritter Versuch

Wir versuchen’s beim Libro in der Bahngasse, weil wir ohnehin Konzertkarten abholen wollen. Dort stellen wir aber fest, dass diese Filiale gar keine Brother-Patronen führt. Wie auch der Hartlauer gegenüber, den ich gleich als nächstes aufsuche. Ein Detail, das sich mir als »Internetbesteller« nämlich nicht erschlossen hat, ist die Verteilung der Marktanteile der jeweiligen Hersteller. Denn während ich Brother, HP, Epson, Canon und wie sie alle heißen im Druckerbereich als ungefähr gleich eingestuft hätte, ist dem nicht so. Den Gebietsansprüchen in den Verkaufsregalen nach zu urteilen, liefern sich Canon und HP eine erbitterte Schlacht um die Vorherrschaft, hin und wieder darf Epson dabei zu schauen und Brother ist, wenn überhaupt, ein selten gesehener Zaungast.

Gibt’s Druckerpatronen denn nicht beim Eurospar?

Es ist bereits nach 17 Uhr, und das bedeutet im ländlichen Raum am Samstag oft: Geschäft geschlossen. Als Option bleibt uns noch der Eurospar – der auch tatsächlich Druckerpatronen führt. Aber eben auch nur für HP und Canon.

Letzte Ausfahrt Knoten Eibesbrunn

Wenn wir um diese Uhrzeit überhaupt noch wo eine Chance auf Druckerpatronen haben, dann im Einkaufszentrum G3 in Gerasdorf, beim Saturn. Preise und Kilometer sind uns inzwischen egal, wir düsen durch Gänserndorf, Strasshof, Deutsch-Wagram und ein kurzes Stück auf der Wiener Außenringautobahn, fahren beim Knoten Eibesbrunn ab, verfluchen die labyrinthartige Gestaltung des G3-Parkplatzes, bei dem wir am Ende dank eines Durchfahrtsverbots mitten am Parkplatz irgendwo weit weg vom Saturn zum Stehen kommen. Ich laufe die letzen paar hundert Meter zu Fuß, verschnaufe kurz auf der Rolltreppe zum Saturn und finde dort kurz vor 18 Uhr tatsächlich die gewünschte Patrone. Natürlich nicht im Multipack, aber zumindest Schwarz, Cyan und Gelb. Kein Magenta, was mich aber – zumindest zu dem Zeitpunkt – noch nicht stört.

Druckerpatronen ersetzen ist so spannend wie Bomben entschärfen

Zuhause angekommen setze ich zunächst die schwarze Patrone hoffnungsvoll in den Drucker ein. Und es tritt genau jener Fall ein, für den wir mit einer neuen Patrone Cyan noch vorbereitet sind: Das Display zeigt »Keine Cyan-Tinte mehr, Patrone ersetzen«. Leider hilft auch das nichts. Denn beim Aktivieren jammert der »290C« plötzlich, dass er auch Magenta ersetzt haben will. Und Magenta haben wir, wie erwähnt, nicht. Auch durch ein verzweifeltes Schütteln und wieder Einsetzen der Patrone lässt sich der erfahrene »290C« nicht austricksen. Dabei wollen wir doch nur ein Schwarz-Weiß-Dokument ausdrucken!

Ein teuflischer Plan

Dann kommt mir ein teuflischer Plan: Das Ausnutzen einer Schwäche, die ein gewiefter Brother-Ingenieur garantiert vorausgesehen hat, dessen Vorschlag zur Behebung in einem Planungsmeeting aber als zu kostenintensiv abgetan wurde (so muss es wohl auch beim Todesstern gewesen sein – eine Szene, die »Rogue One – A Star Wars Story« zum perfekten Trainingsmaterial für Projektmanagement gemacht hätte). So, oder so ähnlich stelle ich mir das jedenfalls vor. Ich öffne die Verriegelung der leeren Magenta-Patrone und ziehe diese aus dem Patronenschacht des »290C«. Ich greife zur neuen gelben Patrone, ziehe sie aus der Schachtel, reiße vorsichtig die Plastikumverpackung auf und entferne die Sicherung. Dann setze ich die gelbe Patrone in den Schacht für Magenta …

Haben Brother-Drucker eigentlich eine Selbstzerstörungssequenz?

Um ehrlich zu sein, bin ich nicht sicher, was passieren wird. Zwischen dem Einleiten einer Selbstzerstörungssequenz oder dem schlichten Ablehnen der falschen Farbpatrone halte ich alles für möglich. Zu meiner Überraschung fliegt mir aber weder der Drucker um die Ohren, noch beschweren sich die ansonsten so peniblen Sensoren wegen der falschen Farbe. Und es kommt noch besser: Der »290C« druckt das Dokument tatsächlich anstandslos in Schwarz-Weiß aus – ohne auch nur einen Tropfen Cyan, Magenta oder Gelb zu benötigen.

Vielleicht kaufen wir doch noch einen billigen Laserdrucker für unter 100 Euro, als alle 3 Monate über 50 für Druckerpatronen auszugeben.


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