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Shure Aonic 50 – Test: Ziemlich perfekte Kopfhörer, guter Preis

4.5 / 5Sterne·19.4.2022·Kommentare:  0Retweets:  0 0

Anfang des Jahres habe ich mir via Grover drei Over-Ear-Kopfhörer ausgeliehen und einen Monat lang getestet. In meinem Test der Shure Aonic 50 versuche ich der Frage auf den Grund zu gehen, warum diese Kopfhörer sofort zu meinen Favoriten aufgestiegen sind. Denn damit gleich vorweg: Die Aonic 50 haben mich in jeder Hinsicht überzeugt.

Ohrmuschelgelenk, Drausicht linke Ohrmuschel, Frontansicht linke Ohrmusche auf Styropor-Kopf.
Die Aonic 50: Schönes Design samt Farbton, sehr gut Verarbeitung, wo nichts knarzt.

Perfekt? Naja, fast …

Den einzig echten Nachteil bekommt man gleich beim Auspacken aus der riesigen Tortenverpackung mit: Die Shure Aonic 50 lassen sich nicht zusammenklappen. Lediglich die Ohrmuscheln können so verdreht werden, dass die Kopfhörer flach ins (hochwertige) Case passen.

Letzteres ist riesig, aber sehr stabil. Die Aonic 50 damit in einen Koffer oder Reisetasche zu packen, sollte zwar kein Problem darstellen. Allerdings ist Gepäck dieser Größenordnung auch bitter notwendig, denn ich vermute, dass es mit Case fürs tägliche Pendeln in dem einen oder anderen Rucksack eng werden könnte (sofern man das Case benötigt und die Kopfhörer nicht ohnehin ständig trägt).

Hoher Tragekomfort

Dazu gleich passend: Die Aonic 50 lassen sich auch bequem um den Hals tragen (im Gegensatz zu z.B. den Sennheiser Momentum 3 Wireless, siehe auch meinen Test) – sowohl eingedreht flach, als auch direkt vom Kopf runter in den »Halskrause«-Modus – sie tragen sich dann wie ein bequemer Schal.

Das liegt – zumindest bei meinem überdurchschnittlich (?) großen Kopfumfang von ca. 60 Zentimeter – wohl daran, dass die Aonic 50 auch nicht so fest drücken, wie die eben erwähnten Momentum 3. Das heißt somit auch, dass das Tragen während des Musikhörens für eine Zeit lang kein Problem darstellt.

Allerdings muss ich auch hier sagen, dass die Austrian Audio Hi-X25BT diesbezüglich noch bequemer sind und man den Druck halt doch irgendwann spürt. Wer ausschließlich Over-Ears verwendet, für den ist das vermutlich kein Thema. Wer, wie ich, aus der In-Ear-Ecke kommt, muss sich an diesen Umstand generell erst gewöhnen – denn auch ich habe nach 60 bis 90 Minuten angefangen, die Ohrmuscheln hin und wieder zum Druckausgleich anzuheben. Und an schlechten Tagen drücken Sie mir nach dieser Zeit auch einfach zu sehr. Wie gesagt, die Aonic 50 gehören für mich hier aber trotzdem noch zu den bequemeren Vertretern mit weniger Druck.

Stärken und Schwächen

  • + Hervorragender Klang
  • + Multipoint
  • + LDAC, aptX HD + Low Latency
  • + Sehr gutes Buttonkonzept
  • + Sehr gutes ANC
  • + Toller Look
  • + Tolle Verarbeitung
  • (- Nicht zusammenklappbar)

Die ultimative Spec-List

Bevor wir die Aonic 50 aufsetzen und zu besonderen Features sowie natürlich zum Klang kommen, ein Blick auf die Specs. Die lassen nämlich so gut wie keine Wünsche offen. So gibt es nicht nur jeden erdenklichen Bluetooth-Codec (SBC, AAC, aptX, aptX Low Latency, aptX HD und LDAC – nur aptX Adaptive »fehlt« strenggenommen), sondern auch Multipoint (dazu gleich mehr).

Die Akkulaufzeit mit 20 Stunden ist ordentlich und dazu gibt es auch noch ANC. Das Gewicht mit 334 Gramm geht auch in Ordnung. Verfügbar sind die Aonic 50 in Schwarz, Weiß und einer braunen Variante. Letztere mag nicht spannend klingen, sieht in natura aber super aus. Würde ich mir die Aonic 50 kaufen, würde ich auf jeden Fall diese, sehr an Vintage-Design erinnernde Farbe wählen.

Die riesige Tortenverpackung der Aonic 50.
Auch beim Versand brauchen die Aonic 50 viel Platz.

In der Packung befindet sich ein USB-A-auf-C-Kabel zum Laden sowie ein 3,5-auf-2,5-mm-Kabel für die optional mögliche Kabelverbindung.

Optisch gefallen mir die Aonic 50 außerordentlich gut, die Verarbeitung ist top, da knarzt auch beim Tragen nichts. Es gibt zudem viele, gut ertastbare Buttons für so gut wie alle Funktionen – cool.

Die (austauschbaren) Ohrpolster sind übrigens mit Kunstleder bezogen:

No animal products are used in the construction of the Aonic 50.

Multipoint mit Schwächen

Beginnen wir, was die Features angeht, gleich beim Multipoint: Die Aonic 50 sind meine ersten Multipoint-fähigen Kopfhörer, so ganz überzeugt hat mich die Implementierung aber nicht. Sinn und Zweck wäre ja, zwei Geräte aktiv gleichzeitig mit den Aonic 50 verbinden zu können. Das klappt auch, aber z.B. abwechselnd auf verschiedenen Geräten auf Play drücken geht nicht. Am iPhone Spotify hören, dann am Galaxy Tab S5e: klappt. Umgekehrt aber nicht. Auch mühsam: Sind zwei Verbindungen aktiv, muss wie sonst üblich erst eine Verbindung gekappt werden, bevor man sich mit dem nächsten Gerät verbinden kann.

Links: Seitenansicht der linken Ohrmuschel auf Styropor-Kopf. Rechts: Riesiges Case der Aonic 50 im Vergleich zur Ladeschale der Sony WF-1000XM4.
Die Ohrmuscheln der Aonic 50 sind ausreichend groß und bequen (links). Das Case ist riesig (rechts, Vergleich mit Case der Sony WF-1000XM4).

Da ist mir die Verbindungsmethode der Sony WF-1000XM4, die sich einfach problemlos mit jedem Gerät verbinden, das die Verbindung anfordert (dafür ohne Multipoint) tausendmal lieber. Es wirkt fast ein bisschen so, als wäre es ein Problem, wenn auf beiden Geräten das gleiche Bluetooth-Profil genutzt wird. Vielleicht ist es einfach so gedacht, dass man am PC mit A2DP Musikhören soll und am Handy mit Hands-Free für eingehende Telefonate verbunden ist?

Die Sennheiser Momentum 3 Wireless waren hier übrigens nicht wirklich besser – und ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das nun konkret am Kopfhörer-Hersteller liegt oder Bluetooth in der Hinsicht einfach Murks ist.

Gutes ANC

Die Aonic 50 haben ANC und das ist sehr gut. Ich habe es grundsätzlich mit Dunstabzugshaube und einem Cleanmaxx getestet und die Leistung entspricht da für mich dem Standard: Man kann das Rauschen weiterhin wahrnehmen, aber es ist aus meiner Sicht vergleichbar mit den Besten der Besten in dem Bereich – das meinen auch viele andere Reviews. Wer ANC als nettes Feature wahrnimmt, sollte definitiv kein Problem haben. Wer das absolut beste ANC sucht, und dem bewusst ist, dass auch das nicht perfekt ist, der sollte vorher selber Vergleiche anstellen.

Sehr gute App mit Hardware-Equalizer

Natürlich gibt es von Shure eine App und die nimmt heutzutage bei Bluetooth-Kopf- und Ohrhörern eine wichtige Stellung ein, denn darüber lässt sich die Software der Kopfhörer nicht nur aktualisieren, es können so auch im Lauf der Zeit neue Features hinzugefügt werden. In meinem Fall war das bei den Aonic 50 gleich am Anfang das 0.70er-Firmware-Upgrade, das es ermöglicht, dass der Equalizer nicht nur mit der Shure-App funktioniert, sondern direkt am Kopfhörer gespeichert werden kann – ein Feature, das sicher viele begrüßen. Zumal der Equalizer neben Presets auch komplett frei definiert werden kann. Apropos: Was mich bei Bowsers & Wilkins noch genervt hat: Die Play-Plus-App von Shure verlangt interessanterweise keine Standortberechtigungen auf Android – es geht also doch!

Sonstiges: Soundbleed, Kabelbetrieb

Etwas, das mir bei so gut wie allen Over-Ear-Kopfhörern aufgefallen ist: Auch die Aonic 50 leiden etwas an Soundbleed. Bei (für mich) angemessener Lautstärke kann man da außen schon ganz gut mithören. Also im Zug oder im Büro wird das sicher schwierig. Mir kommt aber vor, als wäre das kein Aonic-50-Spezifikum.

Links: Die Aonic 50 flach geklappt aufliegend. Rechts: Innenansicht der Ohrmuschel.
Viel kompakter als flach zusammengeklappt wird’s bei den Aonic 50 nicht (links). Die Ohrpolster sind bequem, aus Kunstleder und austauschbar (rechts).

Man kann die Aonic 50 auch mit Kabel betreiben und zwar entweder mit USB-C-auf-USB-C oder auch mit Analogkabel. Bei Letzterem ist der Eingang an den Kopfhörern zwar »nur« 2,5 mm und vor einigen Jahren hätte man sich da noch gefragt, warum das kein »normaler« 3,5-mm-Eingang sein kann. Heutzutage bezweifle ich aber, dass viele so ein Kabel überhaupt noch irgendwo herumliegen haben – oder in eine Situation geraten, wo man auf einer Party unbedingt eine Kabelverbindung benötigt und jeder nur ein normales 3,5-auf-3,5-mm-Kabel dabei hat. 🙂 Mit Kabelverbindung spielen die Aonic 50 ungefähr noch einmal 25 % lauter als mit Bluetooth.

Via Kabel werden die Buttons am Kopfhörer übrigens deaktiviert und die Aonic 50 schalten sich beim Anstecken automatisch ein und aus.

Ausreichende Maximallautstärke

Die maximale Lautstärke ist übrigens auch mit Bluetooth gut. Bei mir ist es so, dass ich zwar nicht mit Maximallautstärke meine Sessions starte, im Laufe der Session aber doch aufs Maximum erhöhe – das passt dann aber auch. Es gibt zwar keine Reserven mehr, aber die Maximallautstärke ist absolut in Ordnung.

Die Sache mit den Codecs

Jetzt bejuble ich einerseits die tolle Codec-Unterstützung, muss aber für die Praxis relativieren: So habe ich z.B. den in der Theorie besten Codec, nämlich LDAC, versucht mit AAC zu vergleichen. Konkret habe ich das mit einem Tidal-HiFi-Plus-Abo am iPhone X (AAC-Codec und auf einem Galaxy Tab S5e mit via Bluetooth-Einstellungen aktiviertem LDAC) getestet und konnte einfach keinen Unterschied hören, z.B. bei AC/DC – Shoot to Thrill oder Iron Maiden – Run to the Hills (2015 Remaster).

Übrigens auch interessant: Aktiviert man in Android LDAC, wird der Equalizer deaktiviert.

Auch bei aptX Low Latency wäre ich vorsichtig. Ich sage nicht, dass man das in dem Millisekunden-Bereich, in dem es hier Verbesserungen gibt, nicht wahrnehmen kann (getestet mit dem Bluetooth-Sender Sennheiser BT 100, der aptX Low Latency unterstützt), aber gerade bei synchronisierten Inhalten ist der Mehrwert aufgrund der nicht immer perfekt zusammenpassenden Lippenbewegungen ohnehin fraglich. Und man braucht natürlich eine Quelle, die Low Latency unterstützt. Mein Tipp wäre daher: Wenn ihr Low Latency aus irgendeinem Grund unbedingt braucht, auf jeden Fall vorher testen.

Sehr gutes Bedienkonzept

Die Buttons sind gut ertastbar und es fällt im Betrieb wirklich leicht, die gewünschte Aktion auszulösen. Sie lassen sich auch spürbar angenehmer drücken, als z.B. die schmalen Gummitasten der Sennheiser Momentum 3.

Hervorragender Klang

Kommen wir abschließend zum wichtigsten Kriterium, dem Klang. Der ist in Worten immer schwierig zu beschreiben und die Beschreibung bei zu technischen Begriffen wiederum oft nicht einfach zu verstehen (zumindest geht es mir so). Während meiner einmonatigen Testphase habe ich mir aber immer wieder Notizen gemacht und hoffe, dass diese einen guten Eindruck vom Klangbild vermitteln.

Mir hat der Klang der Aonic 50 außerordentlich gut gefallen. Dazu muss ich vorausschicken, dass die Aonic 50 ursprünglich ein 400-Euro-Modell waren, die UVP liegt mittlerweile bei 299 Euro und im Handel gibt es sie oft schon um 230 Euro. Das heißt auch: So gut wie die Shure SE846 (auch, wenn es In-Ears sind und somit der Vergleich hinkt), meine teuersten und qualitativ besten Ohrhörer, klingen die Aonic 50 nicht. Aber sie klingen nichtsdestotrotz sehr gut und überzeugen in einigen Punkten nicht nur, sondern machen einfach richtig Spaß.

Was meine ich damit? Shure scheint ein außerordentliches Talent dafür zu haben, vor allem rockspezifische Instrumente extrem gut in den Vordergrund zu rücken. Da würde ich nicht einmal sagen, »ja, da sind halt die Mitten leicht erhöht« etc. Sondern z.B. bei AC/DCs »Shoot to Thrill« ab 3:17 das Schlagzeug, das rollt derart natürlich ab, dass man das Gefühl hat direkt daneben zu stehen. Oder auch das Intro von »Fortunate Son« von John Fogerty im Duett mit Foo-Fighters-Frontmann Dave Grohl. Ja, da ist der Bass vielleicht nicht so stark, aber er ist eben viel eindringlicher. Ich würde sogar sagen, wenn man mit den Aonic 50 im richtigen Gemütszustand hört, will man einfach nur Drummer werden.

Auch E-Gitarren klingen bei den Aonic 50 großartig. Z.B. bei Meat Loafs (RIP!) »I’d Do Anything For Love« (bitte immer nur in der 12-minütigen Albumversion hören!): Die Lead-Gitarre beim letzten Refrain, aber auch der Chor in der Mitte des Songs.

Um die Frage zu beantworten, warum das so ist, sollten wir uns dem Bass zuwenden. Und da heißt es bei Shure oder auch bei anderen, teureren Herstellern oft: wenig Bass. Das würde ich aber so nicht unterschrieben. Denn ich sage: Es gibt viel Bass oder guten Bass. Und die Shure Aonic 50 haben eindeutig letzteren. Ein interessantes Review der Aonic 50 gibt es z.B. Tech Like Vera und sie kommt zu dem Schluss, dass wegen der Höhen, die bei den Aonic 50 durchaus im Vordergrund stehen, die Aonic 50 für Freunde von Metal und Rock eher nichts wären. Das ist eine legitime Ansicht, aber ich würde behaupten, dass die Aonic 50 genau deswegen perfekt für diese Genres geeignet sind. Genau diese »gnadenlosen« Höhen sind etwas, das Hörer dieser Genres sich wünschen. Wenn eben nach einem treibenden Percussion-Solo die Gitarrenriffs oder Vokalgesang eben genau so unreduziert hart zuschlagen, wie man es von einem Live-Auftritt gewöhnt ist.

In der Hinsicht sind die Aonic 50 eben einfach nicht so sehr um Harmonie bemüht wie z.B. die Momentum 3 – Rock eben, würde ich sagen.

Fazit

Ja, die Aonic 50 sind, was den Transport angeht, nicht unbedingt mobil. Das ist aber auch der einzig mögliche Kritikpunkt. Ansonsten sind sie rundum perfekt und für 230 bis 250 Euro verdammt konkurrenzfähig.

★★★★½

Hinweis: Dies ist ein unabhängiger, nicht kommerziell ausgerichteter Testbericht basierend auf meinen Erfahrungen. Ich habe die Miete für das getestete Produkt selbst bezahlt, mir stand weder ein Testmodell oder eine (kostenlose) Leihgabe zur Verfügung, noch enthält dieser Artikel Affiliate-Links. Ich stehe zudem in keinerlei Beziehung zum Hersteller, Verleiher und/oder Händler. Mehr zur nicht-kommerziellen Ausrichtung von benedikt.io gibt’s unter Über.


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