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Kritik: »Moonfall«

Spoilerfrei·2.5 / 5Sterne·15.6.2022·Kommentare:  2Retweets:  0 0

Eigentlich mag ich ja das Drumherum um Roland-Emmerich-Filme: Die Interviews, in denen er recht offen über Budgets und Gagen spricht (und darüber, was ihn an Wim-Wenders-Filmen stört – Schmunzeln garantiert). Die Verbindungen seiner Projekte nach Österreich, wie die Komponisten Harald Kloser und Thomas Wander. Oder die (ehemalige) Agentur Wideshot, welche die Raumschiffentwürfe für »Independence Day: Wiederkehr« geliefert hat. Und, in letzter Zeit fast am wichtigsten: Original-Drehbücher fern abseits des Reboot-, Remake-, Fortsetzungs- und Franchise-Wahns, vor dem es so gar kein Entkommen mehr zu geben scheint.

Das heißt aber freilich nicht, dass die Filme des – wie Roland Emmerich vor allem früher oft bezeichnet wurde – »schwäbischen Spielbergs« stets von der Kritik verkannte Meisterwerke sind. Oh, nein. Definitiv nicht – und das gilt vor allem für »Moonfall«. Die Kritiken haben den Film vernichtet, im Kino ist er mit 40 Mio. US-Dollar Einspielergebnis bei geschätzten 150 Mio. Produktionskosten ein Megaflop.

Und doch hat mich die Grundidee sofort angesprochen. Sicher, das Konzept »Mond stürzt auf Erde« ist jetzt nicht neu und kenne allein ich schon aus dem 2015 erschienenen Roman »Seveneves« (und würde wetten, dass es noch viel älteren Stoff zum Thema gibt). Roland Emmerich fügt hier sogar noch ein paar Kniffe hinzu, die teilweise aber nicht ganz unproblematisch sind.

Doch der Reihe nach: Egal ob von Kritikern vernichtet oder im Kino gefloppt, einen Film mit einer IMDb-Wertung nahe der 5 (von 10) meide ich prinzipiell, weil ich schon ungefähr abschätzen kann was mich da erwartet. Nach einem Wochenend-Experiment mit Direktvergleich zwischen »Independence Day« (einer meiner Lieblingsfilme und eindeutig der beste Emmerich-Film – womöglich aber auch eine Generationenfrage) und »Universal Soldier«, um herauszufinden, ob Letzterer vielleicht nicht doch besser ist (ist er nicht), habe ich mir einen Ruck gegeben und »Moonfall« doch ausgeliehen. Und »Midway« fand ich damals ja auch gar nicht so schlecht.

Der Film startet sogar recht vielversprechend mit der Einführung der Hauptcharaktere Jocinda Fowler (Halle Berry) und Brian Harper (Patrick Wilson), wo anhand eines Weltraum-Unglücks gleich der Grundstein für die Handlung gelegt wird. Kurze Zeit später komplettiert der Verschwörungstheoretiker KC Houseman (John Bradley – bekannt aus »Game of Thrones«) das Trio. Und das ist schon einmal das erste kleine Problem. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob man so einen Charakter in Zeiten wie diesen so derart oberflächlich schreiben und man mit ihm so naiv inszenieren kann, wie hier in »Moonfall«.

Vielleicht bin ich da zu kritisch – in die 80er oder 90er (da auch konkret mit »Fletcher’s Visionen« umgesetzt) hätte so eine Figur vielleicht noch gepasst. Heutzutage müsste man sich da als Autor schon wirklich ins Zeug legen, damit das Publikum entweder hinter so einem Charakter steht oder er meinetwegen irgendwie grad noch als Antiheld durchgeht. Da wären wir aber genretechnisch schon weit von dem hier gebotenen, einfach gestrickten Weltuntergangs-Blockbuster entfernt. Und das lösen solcher kritischen Charakter-Herausforderungen ist nun wahrlich nicht Roland Emmerichs Stärke.

Und da wären wir schon beim meiner Meinung nach größten Problem von »Moonfall«. Da sind einfach viel zu viele Ideen drin verpackt, von denen die meisten bestenfalls mittelprächtig umgesetzt sind. Und ich mein jetzt nicht die Qualität der Spezialeffekte (über die kann man auch streiten, aber die sind aus meiner Sicht zweckmäßig und durchaus ok).

Dazu vielleicht ein Beispiel mit Minispoiler (sonst überspringen):

Das Shuttle mit den Protagonisten an Bord versucht abzuheben, plötzlich rollt eine Flutwelle heran. Gleichzeitig versuchen Nebencharaktere mit Hubschrauber zu flüchten, sowie der Sohn des männlichen Protagonisten, sowie der Sohn der weiblichen Protagonistin inklusive deren chinesisches Au-pair mit dem Auto zu entkommen. Wie dieser illustre Mix an Personen an just diesem Ort gelandet ist, ist schon absurd genug. Dass das Shuttle von der Welle erfasst wird, es diese aber durchbrechen kann, noch absurder. So absurd, dass der Nachwuchs trotz Flutwelle das Auto anhält, aussteigt um sich diese Show zu geben, nur um dann erneut von der Flutwelle »überrascht« zu werden (vielleicht ist das auch nur die missverstandene kritische Auseinandersetzung Emmerichs mit dem Thema ADHS).

[Minispoiler Ende]

Da passiert einfach zu viel und das zu mittelmäßig inszeniert. Wenn man gut ist, kann man das oben Beschriebene vermutlich glaubwürdig und tatsächlich spannend auf die Leinwand bringen. Das ist in »Moonfall« aber leider so gut wie nie der Fall. Die Ideen sind da und ja, die mögen abgedreht oder unrealistisch sein. Dann muss eben die Umsetzung der Ideen klappen und die zünden in »Moonfall« einfach so gut wie nie.

Angenommen, »Moonfall« wäre ein guter Film (wo nicht so viel reingepackt worden wäre) und würde man dann auf IMDb lesen, welche Ideen es für alternative Fassungen gegeben hätten (also jene, die wir jetzt haben), würde man sich fragen, ob der Film damit nicht noch besser gewesen wäre. Jetzt sieht man aber: Wenn man ein Machwerk mit wirklich allem vollstopft, was einem zum Thema Weltuntergang mit Mond einfällt und halt auf Papier gut klingt, kommt eben sowas heraus. Ohne prüfende Instanz, wie gut eine Idee inszeniert auf der Leinwand tatsächlich rüberkommt.

Hier wäre weniger wirklich mehr gewesen. Vielleicht braucht Roland Emmerich (wie George Lucas?) einfach eine Kontrollinstanz oder einen Coach für mehr Fokus, so ist das halt leider alles echt …

… uijegerl ★★½☆☆


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2 Kommentare

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#1 von Peter am 15.6.2022, 18:41 Uhr

Die Review liest sich wie immer sehr kurzweilig und rund ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Und den Film werde ich mir dann wohl nicht ansehen müssen (Hatte davor auch noch nichts davon gehört).

#2 von Benedikt am 16.6.2022, 8:30 Uhr

Vielen Dank, freut mich sehr, das zu hören! Und ja, man kann sicher warten, bis er auf Prime inkludiert oder auf Netflix verfügbar ist (oder mal im Fernsehen läuft). 😉

Ich schau’ hin und wieder, was bei manchen Regisseuren auf der Roadmap steht, von daher kannte ich »Moonfall« schon. Mal schauen, wie Emmerich die Welt das nächste Mal untergehen lässt – einem »Independence Day 3« würde ich sogar eine Chance geben …

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