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Kritik: »Star Wars: Obi-Wan Kenobi« ist an den falschen Stellen mutig

Spoiler!·3.5 / 5 Sterne·24.6.2022·Kommentare:  6Retweets:  0 1

Bei »The Mandalorian« brauchte ich zwar eine kurze Eingewöhnungsphase, war dann aber regelrecht von dem schlichten Konzept begeistert. Bei »The Book of Boba Fett« gab’s trotz starken Beginns zwischendurch aber schon die ersten Hänger. Auf die neue Serie »Obi-Wan Kenobi« habe ich mich natürlich trotzdem gefreut. Und, obwohl die Kritiken bis jetzt relativ durchwachsen sind, ist die Serie meiner Meinung nach schon okay – sie hat aber natürlich merkliche Schwächen und ist schlicht an den falschen Stellen mutig.

⚠ Spoiler-Alarm!
Gleich im nächsten Absatz geht’s los mit teils massiven Spoilern. Wer die Serie nicht kennt, aber auch nur das geringste Interesse daran hat, sollte hier aufhören zu lesen.

Beginnen wir einmal damit, dass die Star-Wars-Macher hier erneut vor dem Problem stehen, eine Geschichte zwischen bestehendes Star-Wars-Material quetschen zu müssen. Wir wissen, was vorher passiert, wir wissen, was nachher passiert – und da ist gerade Obi-Wan ein denkbar ungünstiger Charakter. Nichtsdestotrotz ist die Grundidee, ihm während seiner Jahre als Beschützer von Luke auf Tatooine, ein kleines Abenteuer bestehen zu lassen, gar nicht mal so schlecht. Denn wie sollen die geschätzt 20 Jahre auf auf dem Sandplaneten abgelaufen sein? Auch, dass er ausgerechnet Leia aus den Fängen des Imperiums befreien muss ist im Prinzip eine gute Idee (denn, wie wir aus Episode IV ja wissen, kennen sich dort Obi-Wan und Leia bereits, also warum nicht gleich von dieser Geschichte?).

Folge 1 startet auch recht gut mit der Einführung in Obi-Wans neues Einsiedlerleben auf Tatooine, seinem neuen Day-Job in einem – nennen wir es mal – fleischverarbeitenden Betrieb und wie er versucht zur Tarnung seine Jedi-Identität komplett abzulegen. Auch die Einführung des weiblichen Bösewichts als Mitglied einer Art Jedi-Jäger-Einheit überzeugt meiner Meinung nach. Besonders nett fand ich zudem zu Beginn der ersten Folge die Zusammenfassung aller Prequels in Form einer mehrminütigen Montage, die doch tatsächlich Nostalgiegefühle ausgelöst hat. Und der Grundstein für die Handlung wird natürlich gesetzt: Leia wird entführt, Obi-Wan muss sie retten und in sein altes Jedi-Mindset zurückfinden – passt!

In Folge 2 schlägt sich Obi-Wan durch einen verruchten Teil einer Sci-Fi-Großstadt in Film-noir/Blade-Runner-Style – ist okay. Eher generisch, aber das Star-Wars-Feeling ist da.

Das viel erwartete Duel Vader gegen Obi-Wan gibt’s gleich in Folge 3. Viele kritisieren, dass das nun nicht mehr mit dem Dialog zwischen Obi-Wan und Darth Vader in Episode IV zusammenpasst, aber da würde ich sogar noch ein Auge zudrücken. Aber ja, fürs Drehbuch ein schmaler Grad, einerseits nicht eine komplette Nebenhandlung wie in »The Mandalorian« erzählen (zu wollen), aber andererseits den Kanon nicht durcheinanderzubringen. Und, dass solche Duelle für keinen der Teilnehmer tödlich enden, ist immer schwierig glaubwürdig rüberzubringen (wird in Folge 6 aber noch getoppt).

Folge 4 wurde von vielen für etwas kritisiert, was meiner Meinung nach integraler Bestandteil von Star Wars ist: Komplett unrealistisches Herumschleichen in militärischem Komplex des Imperiums, ohne dabei entdeckt zu werden. Inklusive Feuergefechte in Gängen ohne Deckung und – Jedi-Kräfte hin oder her – einer Überlegenheit des Imperiums von gefühlt 10.000 zu 1. War in Episode IV am Todesstern so, in Episode VII auch, warum also nicht auch in »Obi-Wan«? Mir hat die Folge gefallen.

Ein bisschen eine Hoth-Situation gibt’s in Folge 5, aber das Gefecht zwischen Imperium und Rebellen ist selbst mir zu faul inszeniert, vermutlich sogar schon zu faul geschrieben: Aufgereiht wie Zinnsoldaten stehen die Sturmtruppen da, wenn sie das Tor aufbrechen und vollkommen ungeschützt die Gegenwehr abwarten. Ich halt es nicht mehr aus, wenn Hollywood-Autor:innen solche Szenen so aufsetzen, als wär’s eine Partie Völkerball, wo jeder einen Ball hat (und wo noch dazu niemand trifft).

Die letzte Folge ist ein Downer. Wie viele Duelle können sich Obi-Wan und Darth Vader liefern? Eins in Folge 3, eins in einer Rückblende in Folge 5 und zwei in dieser Folge? Und immer mit einer obligatorisch rettenden Idee, wie beide das Duell überleben. Mit »an den falschen Stellen mutig« meine ich genau das: Zwei der bekanntesten Gegenspieler der Filmgeschichte so oft gegeneinander ohne jegliche relevante Auswirkung antreten zu lassen – so machen (Film-)Duelle keinen Spaß. Auch der Parallel-Showdown, wo versucht wird Onkel Owen und Tante Beru als durchaus wehrfähige Farmer darzustellen, funktioniert nur bedingt – was wird wohl mit Luke passieren? Genau, nichts.

Fazit

»The Mandalorian« funktioniert, weil simple Stories nach einfachem Konzept erzählt werden, die (so gut wie) nichts mit der Star-Wars-Hauptgeschichte zu tun haben und – wichtig – halt Neues mit offenem Ausgang bieten. »Obi-Wan« ist da ein ganz anderes Kaliber und lässt zwei Franchise-Hauptcharaktere mehrfach gegeneinander antreten, ohne, dass wirklich was passieren darf. Zugegeben, es hätte schlimmer kommen können und ich weiß nicht, ob der ursprünglich geplante Kinofilm hier eine bessere oder schlechtere Alternative gewesen wäre. Ich mag Star Wars, die Szenerie, die Atmosphäre und vor allem Ewan McGregor als Obi-Wan – und somit auch diese Serie.

Ich stelle mir aber die Frage, ob man da entweder mit weniger (also einer Story komplett ohne Darth Vader) nicht mehr erreichen hätte können. Oder aber sich am Kunststück versucht hätte, etwas zu erzählen, was Episode IV in ganz anderem Licht erstrahlen lässt – irgendwas mit Wow-Effekt. So ist es halt Play-it-safe-Streaming-Content im Star-Wars-Universum.

★★★½☆


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Star Wars: Obi-Wan Kenobi ist an den falschen Stellen mutig https://benedikt.io/2022/06/kritik-star-wars-obi-wan-kenobi/ 2022-06-24 Deborah Chow https://benedikt.io/media/movie-review.jpg Ich mochte »Obi-Wan« ja, aber die gewählte Route der Autor:innen war wohl nicht die beste Idee.

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