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YouTube: Die Krux mit dem Erfolg – Geld, Gier & ös­ter­rei­chi­sche Gelassenheit

22.8.2023·Kommentare:  9

In letzter Zeit gab es so viele Themen bzgl. YouTube, dass ich hier mal versuche, alles als Linkdump zusammenzufassen:

Der Fall (von) Linus Tech Tips

Die Geschichte rund um Linus Tech Tips (bzw. der Linus Media Group), die aufgrund des Erfolgsdrucks in den letzten Monaten immer schleißigere Arbeit abgeliefert haben, habe ich zunächst gar nicht mitbekommen – und mich über das kontextlose »What do we do now?«-Video gewundert.

Erst ein wenig Recherche führte mich zum auslösenden Video von Gamers Nexus, die in einem nicht monetarisierten, 45 Minuten langen Video LTT mehr oder weniger zerlegen (da hätte LTT wohl lieber mal keinen abwertenden Vergleich mit Gamers Nexus in einem ihrer Videos gebracht 😉).

Schlimmer noch: Die Berichte der ehemaligen Mitarbeitern Madison Reeve, die ihre Geschichte über sexuelle Belästigung, dem Druck sowie Mobbing bei LTT im Rahmen obigen Skandals auf Twitter gepostet hat.

Die ganze Story zusammengefasst gibt es auch auf The Verge.

MKBHD und (mangelhafte) Werbekennzeichnung

Wie müssen US-YouTuber eigentlich ihre Werbung kennzeichnen? Oder gibt es da gar eine Regeln? Ernst gemeinte Frage, denn von deutschen Kanälen kenne ich das nur so, dass Sequenzen mit Sponsoren als solche angekündigt und mit durchgehender Werbekennzeichnung versehen sind – und das Gesetz das auch so vorsieht.

Im Gegensatz dazu gehen eigentlich als Heroes gefeierte US-YouTuber wie MKBHD fließend zum Sponsor über, ohne, dass man es mitbekommt: »Das Tab S9 ist cool, hat aber keinen Charger. Nicht so einen, wie, ach, ich weiß nicht, z.B. diesen von Anker hier. Oder auch diese Anker-Powerbank. Ach ja, danke an Anker fürs Sponsoring«.

Ja, die Kennzeichnung im Nachhinein ist besser als gar keine, hintergangen fühlt man sich als Zuschauer:in aber schon und in der Description fehlt die Kennzeichnung ebenfalls.

Wie viel man auf YouTube verdienen kann

Apropos Geld: Wie viel man auf YouTube verdienen kann zeigen Kanäle wie Finanzbär oder Linda Urban auf »Finanzielle Freiheit in 5 Jahren«. Wiewohl dabei gilt: Finanz-YouTuber gelten hier wegen extrem hoher CPM nicht als Norm. Aufschlussreich sind diese Videos aber trotzdem.

Österreichische Gelassenheit als Gegenkonstrukt

Zu guter Letzt: Es geht auch ganz ohne Kohle oder massig Zuschauer einfach durch intrinsische Motivation – ich kenne Christian Haumers a.k.a. Humaldos Blog, seinen YouTube-Kanal »Humaldo macht Videos« und den Podcast »Das Medienformat« schon einige Jahre, jetzt hat der Webstandard ein Interview mit ihm geführt – sehr lesenswert.

Eure Meinung

Wie seht ihr die Entwicklungen rund um YouTube? Betreibt ihr einen Kanal mit oder ohne Monetarisierung? Pusht oder ignoriert euch der Algorithmus? Habt ihr euch auch schon mal über mangelnde Werbekennzeichnung geärgert oder – im Fall von LTT – über qualitative Mängel in Testberichten? Über euer Feedback freue ich mich wie immer in den Kommentaren!


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9 Kommentare

#1 von onli am 22.8.2023, 22:55 Uhr

Ich hatte Madisons Tweets bisher nicht gelesen gehabt (weil verschiedene Nitter-Instanzen nicht funktionierten), jetzt dank dir schon. Übelst.

Die Vorwürfe von GN sind ein bisschen überzogen. Dass Linus persönlich den $800-Kupferkühler nicht nochmal ordentlich testen ließ, weil ein $800-Kupferkühler ein absurdes Produkt ist und sowieso nicht empfohlen werden würde, hätten sie nicht zum Problem hochjazzen sollen. Und die Probleme mit der unrechtmäßigen Versteigerung des Prototyps hätten sie vorher mit LTT besprechen sollen, dass das keine Absicht war war doch klar, keinerlei Motiv.

Aber die Fehler in den Charts mit Testergebnissen waren scheiße. Und diese Fahrlässigkeit dort, plus das Desaster um den nunmal illegal versteigerten Kühler-Prototypen, zusammen mit Madisons Schilderung ergeben ein ganz übles Bild. Ich bin sicher, dass Linus privat okay ist – kein Mensch kann über so viel Kamerazeit so sehr ein positives Bild faken – aber die Firma hat trotzdem kranke Strukturen entwickelt.

#2 von Benedikt am 23.8.2023, 16:32 Uhr

Danke für dein Feedback, onli! Bzgl. Madison Reeve und der falschen Testergebnisse sind wir uns, glaube ich, eh einig (und, interessant: »Nitter« – wieder was gelernt, kannte ich nicht).

Was die Sache mit dem Kupferkühler angeht, sehe ich das schon anders:

Zunächst mal, ja, ein vernichtendes Urteil wäre legitim – aber eben nur mit einem korrekt durchgeführten Test. Jetzt wurde aber eine GraKa verwendet, die der Hersteller selber mit dem Produkt gar nicht getestet hat und – den Teil muss ich mir aber nochmal genau ansehen – anscheinend auch nicht korrekt herum montiert wurde, weil LTT die Montageanleitung nicht beachtet hat. Ich gehe davon aus, dass wenn eine Kühlung nicht korrekt sitzt, die Ergebnisse zum Vergessen sind. Das ist schlicht unseriös und setzt die Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Denn als Seher frage ich mich natürlich, ob die das bei jedem Produkt mit vernichtendem Testergebnis machen, weil das mehr Klicks bringt.

Die Rechtfertigung von Linus, dass er nicht noch ein paar hundert Dollar für eine Wiederholung des Tests ausgeben wollte, weil’s »eh egal« ist, ist meines Erachtens nach peinlich für ein Unternehmen, das mindestens 100 Mio. Dollar wert sein soll (laut einem abgelehntem Übernahme-Angebot), 120 Mitarbeiter beschäftigt und diese Art Content die Quintessenz des ganzen Kanals ist.

Die Aussage, dass selbst ein Runterkühlen von 10 bis 20 Grad keinen Unterschied beim Ergebnis gemacht hätte, macht mich sogar als Laien stutzig: Wie kann man so etwas behaupten, wenn GraKas im Bereich von 50 bis 90 Grad operieren? Da kann man meinetwegen sagen, dass das mit 800 Dollar teuer erkaufte 10 bis 20 Grad wären, aber es wäre definitiv eine Verbesserung (selbst mit Fahrenheit statt Celsius übrigens, dann halt grob nur mehr die Hälfte). Und ja, dem Hersteller bei Testergebnissen, die überhaupt keinen Sinn ergeben, mal ein paar Rückfragen zu stellen, wäre durchaus angebracht – das mach ja sogar ich bei meinen Tests auf diesem kleinen Blog hier.

Was die Versteigerung angeht, war bezüglich Rücksendung ja bereits alles vorher besprochen und schriftlich vereinbart (die Timeline gibt es nochmal detailliert im Follow-up von GN) und der Prototyp wurde trotzdem versteigert. Klar kann das noch ein Missverständnis in der Kommunikation sein. Diese Form der Unachtsamkeit ist gegenüber solchen Herstellern bzw. in dem Fall Start-ups aber einfach respektlos und halt unprofessionell.

So gesehen ist das auch kein 800-Dollar-Kühler (das ist ja nur die angedachte UVP), sondern eben ein Prototyp, in dessen Planung und Herstellung unzählige Arbeitsstunden geflossen sind und somit wohl mehrere tausend Dollar wert war. Und die Zusicherung, finanziellen Ersatz zu leisten, kam pikanterweise erst nach Erscheinen des Gamers-Nexus-Videos.

Wie du eh am Ende schreibst, sieht es halt so aus, als hätten sich da auch aufgrund des selbst auferlegten Release-Schedules sehr ungesunde Strukturen entwickelt, die LTT jetzt auf den Kopf fallen.

#3 von Benedikt am 24.8.2023, 16:47 Uhr

Ein Update, ich habe mir das Original-Video zum Kupferkühler angesehen. Das Ding kühlt anscheinend neben GPU auch CPU. Im Video ist für mich schwer zu erkennen, ob sie jedes Problem, auf das sie stoßen, auch lösen (es gibt sehr viele »Fitment Issues«-Abschnitte im Video).

Jedenfalls postet weiter unten jemand von Billet Labs (User @felixure8601) Folgendes (man kann YouTube-Kommentare anscheinend nicht direkt verlinken):

[…] We’ve since obtained a 4090 to test with, and using it with the 3090ti block leaves a gap of around 1mm over the die, so it’s never going to cool properly. […]

Ein Re-Test wäre spätestens da angebracht gewesen oder LTT hätte zumindest offiziell zugeben müssen, dass man aus ihrem Build kein Fazit ableiten kann.

#4 von onli am 26.8.2023, 22:04 Uhr

Fandest du es im Video nicht recht deutlich, dass es eben kein valider Test ist? Und auch gar keiner sein will? Vielleicht wird das unglücklicher dargestellt als ich mich erinnere, aber für mich war das direkt eines ihrer Bastelvideos. LTT-Videos sind eben oft genug keine echten Reviews.

Aber wenn es auf dich so wirkte, als wollte es eins sein, dann ist da natürlich ein Problem.

#5 von Benedikt am 29.8.2023, 6:33 Uhr

Das ist ein guter Punkt, den du da ansprichst.

Wenn ich mir konkret die Frage stelle, ob das wie ein klassischer bzw. seriöser Test wirkt, dann würde ich sagen »Nein«.

Sehr wohl aber wirkte es auf mich so, als würden sie sich den Kühler ernsthaft ansehen wollen, gepaart mit dem typischen LTT-Humor beim Zusammenbau. Also genau jene Form Test, wie man sie von vielen YouTube-Videos kennt: Es darf Spaß machen und unterhalten, die Ergebnisse sind aber durchaus ernst gemeint (IMO können Tech-Kanäle langfristig auch nur so erfolgreich werden).

Sollte es nur um einen spaßigen, gescheiterten Zusammenbau gehen und ich das missverstanden haben, dann kann das Fazit aber nur sein, dass sie eben gescheitert sind und man aus ihren Ergebnissen nichts ableiten kann. Sie haben das Produkt im Fazit aber trotzdem vernichtet.

#6 von Peter am 30.8.2023, 13:31 Uhr

YouTube war vor 10-15 Jahren interessant, wo die Monetarisierung nicht jeden Kanal zugänglich war.
Vielen geht Werbung auf den Senkel, auch den Kanalbetreibern als Zuschauer doch ziemlich alle setzen diese in ihren Filmchen ein! Ein Widerspruch in sich!
Ich war auch Kanalbetreiber mit meinen Bruder zusammen hatten wir einen relativ erfolgreichen DJ-Kanal mit ca. 140.000 Followern, auch uns wurde die Monetarisierung angeboten, haben diese aber nie eingesetzt!
Wir waren oft unterwegs als DJ und VJ auf Einladungen zu Veranstaltungen und haben in der Freizeit regelmäßig Mixtapes inkl. Videos veröffentlicht.
Als die Monetarisierung angeboten wurde waren in den „Musikvideos“ plötzlich Copyright infringement zugegen, die dann richtige Probleme mit sich brachten, obwohl die Labels vorher das OK schriftlich bestätigt hatten!
Um nicht mit den Label’s aneinander zu geraten, aufgrund der Probleme bei YouTube, haben wir den Kanal schweren Herzens eingestellt!

#7 von Benedikt am 2.9.2023, 21:20 Uhr

Danke auch hier für dein Feedback, Peter! Wow, YouTube-Kanal mit 140.000 Abonnent:innen, echt nicht schlecht! 👍

Schade, dass es dann an sowas scheitert, wenn – so klingt es für mich – hier die rechte Hand der Rechteverwertung nicht weiß, was die linke tut.

Monetarisierung auf YouTube ist so eine Sache – allein schon, dass man auf die von YouTube geschaltete Werbung während der eigenen Videos gar keinen Einfluss hat. Besonders krass ist es z.B. bei seriösen Finanz-YouTubern, wo die geschaltete Werbung dann das genaue Gegenteil davon ist – übelst.

Problematisch eben auch, dass die Transparenz-Standards weltweit rechtlich recht unterschiedlich angesetzt zu sein scheinen und, so scheint es mir, US-YouTuber da einen Wettbewerbsvorteil haben (siehe eben MKBHD-Beispiel oben).

Es gibt aber IMO schon ein paar gute Kanäle, die auch das mit der Monetarisierung halbwegs vernünftig hinkriegen, vielleicht mal was für einen eigenen Post. 🤔

#8 von Peter am 4.9.2023, 8:35 Uhr

Hi Benedikt,

ja, dass war tatsächlich so, der Algorithmus von YouTube muss so scharf gestellt worden sein, dass es immer und immer wieder die selben Titel betraf bis schlussendlich das ganze Video betroffen war!
Da hat man dann keine Lust mehr ständig und immer wieder die gleichen Mails loszuschicken, zumal es keine Telefonnummer gab, wo man hätte anrufen können.
Ich weiß bis heute nicht wie andere Künstler das managen, die auch erfolgreiche DJ-Kanäle betreiben.
Fragen dazu hat man zumindest mir bei den Kanalbetreibern nicht beantwortet.
Muss wohl ein streng gehütetes Geheimnis sein!

#9 von Benedikt am 12.9.2023, 6:20 Uhr

Das ist echt schade und leider eines der größten Probleme von Plattformen wie YouTube: Wenn sie einen pushen kann es zum Selbstläufer werden, aber man ist ihnen auch ausgeliefert und der Algorithmus eine gefürchtete Blackbox«.

Was das »wie das andere managen« angeht, so könnte ich mir vorstellen, dass hinter einem Kanal oft mehr als die eine Person steckt, auch wenn’s eher als One-Man-Show rüberkommt. Ich war z.B. überrascht als Linus Tech Tips irgendwann mal erwähnt hat, dass sie bereits 100 Mitarbeiter hätten.

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