Navigation überspringen

Ein unmoralisches Angebot

4.8.2003·Kommentare:  2

Unerwartetes hat etwas Reizvolles an sich. Für viele ist das auch der Grund sogenannte »Sneak Previews« zu besuchen. Man kauft sich eine Kinokarte, weiß aber nicht für welchen Film. Das einzige wovon man ausgehen kann ist, dass er in Originalsprache gezeigt wird und im restlichen Österreich erst in einigen Wochen oder Monaten anläuft.

Dann sitzt man im dunklen Kinosaal und hat keine Ahnung was gleich auf einen zukommt. Eigentlich ist man auf alles vorbereitet: Liebesschnulzen, Sozialdramen oder einfach nur Popcorn-Kino. Aber dann geschieht etwas, was noch nie geschehen ist. Ein Kinomitarbeiter betritt den Saal, stellt sich vor die Leinwand und sagt »Liebe Gäste!« – zu diesem Zeitpunkt ist man noch der Meinung, dass nun das Mitnahmeverbot von eigenen Knabbereien und Getränken mit eisener Faust exekutiert wird – »Der Film, den wir heute zeigen heißt Hukkle – Das Dorf. Es ist ein ungarischer Film. Wir wissen leider noch nicht, ob er deutsche, englische oder überhaupt Untertitel hat. Daher machen wir ihnen das Angebot, dass sie ihr Geld an der Kassa zurückerhalten.«

Welche Gedanken kommen einem bei einem europäischen Film mit dem Titel »Das Dorf«? Ich persönlich befürchtete eine Mischung aus Hundstage und Nordrand: zerrüttete Familienverhältnisse, Abtreibungsproblematik und sexueller Mißbrauch im 35 Millimeter-Format. Mein entspannender, lauer Sommerabend war also in ernsthafter Gefahr. Aber es dürfte nicht nur mir so ergangen sein, denn was dann passiert ist, hätte dem Regisseur György Pálfi wohl das Herz gebrochen: beinahe alle Besucher springen von ihren Sitzen auf und stürmen zur Kassa. Allen voran meine beiden Bekannten und ich.

Nun möchte ich die erwähnten sozialkritischen Werke keinesfalls abwerten, aber wenn man schon von der Filmindustrie selbst gewarnt wird, muss man doch vernünftig sein, oder? So kam unser finanzieller Beitrag am Ende nicht den europäischen dafür aber den amerikanischen Filmemachern zugute. Für Geschichten die man gerne hört, zahlt man eben auch lieber.


Neueste Artikel


2 Kommentare

#1 von Christian am 30.8.2003, 16:19 Uhr

Hi Ben,

der Film hat natürlich keine Untertitel, weil in ihm kein einziges Wort gesprochen wird. Das sollten die Herrschaften vom Kino eigentlich wissen, oder?

Immer wieder herrlich, Deine Beiträge zu lesen.

Herzliche Grüße,

Christian

#2 von Benedikt am 30.8.2003, 17:34 Uhr

Das habe ich im Nachhinein auch erfahren – war damals wirklich eine komische Situation im Kino.

Wie ist der Film eigentlich?

Kommentieren

Dieser Eintrag kann nicht mehr kommentiert werden.